Profilwände sind neben natürlichen Aufschlüssen, wie Abbruchkanten an Hängen, die einzige Möglichkeit, einen Einblick in den
Boden zu gewinnen. Im Rahmen flächenhafter Kartierungen muss eine Vielzahl von Bohrungen und Grabungen vorgenommen werden, um
der Heterogenität der Böden gerecht zu werden und eine umfangreiche Datengrundlage zu erhalten. Zudem ermöglicht eine Profilwand
die horizontgenaue Probenentnahme für biologische und physiko-chemische Laboranalysen.
In Box 1 sind bereits alle notwendigen Vorbereitungen beschrieben worden. Sobald die Stelle,
an der das Profil entstehen soll, festgelegt worden ist, kann mit dem Graben begonnen werde.
Es sollte bereits vorher entschieden werden, welche der vier Schürfgrubenseiten die Profilwand werden soll. Hierbei ist auf den Verlauf der Sonne
zu achten. Damit spätere Fotoaufnahmen des Profils gelingen, sollte in etwa abgeschätzt werden, wie lange man für das
Anlegen der Schürfgrube braucht und wo nach dieser Zeit die Sonne stehen wird. Es ist ratsam, die Wand als Profilwand zu
wählen, die direkt von der Sonne beschienen wird, um störende Schatten auf dem Profil (fehlerhafte Farbwahrnehmung) zu
vermeiden. Hat man sich für eine Seite entschieden, sollte diese, wenn irgend möglich, im Laufe der Ausgrabungen nicht mehr
betreten werden.
Zu Beginn des Grabens sollte die oberste Kraut- und Bodenschicht mit dem Spaten in kompakten Stücken ausgestochen
und auf einer nebenliegenden Plane sorgfältig abgelegt werden. Dann kann mit dem eigentlichen Ausgraben begonnen werden.
Auch hierbei sollte das ausgehobene Bodensubstrat, wenn möglich nach Horizonten sortiert, auf der Plane zwischengelagert
werden.
Die Schürfgrube sollte mindestens eine Tiefe von 1,20 m besitzen. Unter Umständen kann aber anstehendes Festgestein,
Grundwasser oder Sperrschichten aus Beton oder Asphalt (in der Stadt) das Vordringen in tiefere Bodenhorizonte behindern.
Es ist darauf zu achten, dass mit zunehmender Tiefe auch die Länge der Grube vergrößert werden muss, da sonst das Ein-
und Aussteigen in die Schürfgrube sich nur schwerlich gestalten lässt. Die Profilwand sollte mindestens 80 cm breit sein.
Gelangt man bei tiefgründigen Böden bis in 1,20 m Tiefe oder gar tiefer, ist das Anlegen einer Treppe unbedingt ratsam.
Wird die Grube für eine längere Zeit unbeobachtet offen gelassen, muss diese deutlich sichtbar abgesperrt werden. Ein großer Ast, der schräg in die
Grube gelegt wird, dient als Treppe für kleine Tiere, die hineingefallen sind.
Bevor der Bodentyp bestimmt werden kann, wird die Profilwand in der Regel nochmals sauber abgestochen oder zumindest
mit einem Spachtel eingeebnet. Hierbei sollte ein Verwischen der Bodenhorizonte oder der Eintrag von Bodensubstrat höherer
Horizonte in tieferliegende (z.B. durch Runterrieseln) auf jeden Fall vermieden werden.
Bei trockenem Boden empfiehlt es sich, ihn leicht mit Wasser zu besprühen (Sprüchflasche). Hierdurch treten die Farben
deutlicher hervor. Bevor aus der Profilwand Proben entnommen werden, sollte sie fotographiert werden. Es muss unbedingt
darauf geachtet werden, dass zusätzlich ein Maßband am rechten Profilrand auf dem Foto abgelichtet ist. Weiterhin hilfreich
für die spätere Verwendung der Bilder ist eine Schiefertafel (oder ein Blatt Papier), auf welcher die Profilnummer geschrieben steht
und welche ebenfalls auf dem Foto abgebildet ist.
Es bedarf einiger Übung und eines erfahrenen Blickes, Horizonte genau von einander abzugrenzen. Die einzelnen Übergange
von einem Horizont zum nächsten können durchaus unscharf sein. Erste Anhaltspunkte bietet die Differenzierung der Bodenschichten
nach Farbe und Textur. Auch eine erste Probe auf Kalkgehalte kann Aufschlüsse hinsichtlich der Horizontierung liefern.
Ein Standardwerk in der deutschen Bodenkunde ist die Bodenkundliche Kartieranleitung aus dem Jahre 2005 (kurz: KA 5).
Dieses Buch stellt bereits Formblätter (in Tabellenform) zur genauen Bewertung der einzelnen Horizonte zur Verfügung. Zudem gibt es
detaillierte Hinweise darauf, wie die einzelnen Felder auszufüllen sind. Einige Tabellenspalten verlangen bestimmte
Untersuchungen vor Ort, wie z.B. die Bestimmung der Bodenart und des Kalkgehaltes. Die aufgenommenen Werte sind nur
vorsorglich und werden anschließend im Labor genau bestimmt.
Die Entnahme von Bodenproben ist sehr wichtig. Wenn die Geländearbeiten abgeschlossen sind, stellen sie neben den Fotos
die einzigen Zeugnisse der Standortverhältnisse dar. Mischproben eignen sich gut, da
das Gefüge für die meisten Laboruntersuchungen nicht bestehen bleiben muss. Zudem ist der finanzielle und temporale Aufwand
beim Beproben ohne Stechzylinder wesentlich geringer.
Alle Proben sind durch die Kennzeichnung mit Zetteln und/oder die Beschriftung der Aufbewahrungsbehältnisse
eindeutig zu bezeichnen! Die Kennzeichnung sollte mindestens einen Hinweis auf den Fundort,
die Profilnummer und den beprobten Horizont beinhalten.
Zuerst sollte eine Probe des Auflagehumushorizontes (etwa 500 g) genommen werden, sofern dieser vorhanden ist. Hierzu kann im nahen
Bereich um die Schürfgrube die Streuschicht aufgelesen und in Plastiktüten etc. verwahrt werden.
Sind Fotos bereits gemacht worden, können aus der Mitte jedes Horizontes Proben entnommen werden. Hierzu empfiehlt es sich,
von unten nach oben vorzugehen. Der Umfang der entnommenen Proben richtet sich nach der anstehenden Weiterverwendung im Labor. Es gilt:
Besser zu viel, als zu wenig. Ein handelsüblicher 1 Liter-Gefrierbeutel sollte zumindest zur Hälfte (1 kg Boden) befüllt sein.
Achtung! Wenn eine Probenentnahme mit Stechzylindern vorgesehen ist, wird diese zuerst vorgenommen. Als Material
für die Mischprobe kann anschließend der Boden in den Zwischenräumen der Zylinder benutzt werden. Es ist zu beachten, dass
sowohl das Material der Mischprobe als auch das der Zylinder aus der gleichen Tiefe stammen!
Wird die Schürfgrube aus einem bestimmten Grund nach dem Beproben noch offen gelassen, ist eine Kleintiertreppe
sowie die Absicherung der Grube mit Absperrband unabdingbar! Als Kleintiertreppe können z.B. lange Äste dienen.
In der Regel verwendet man Stechzylinder, um möglichst ungestörte Bodenproben zu entnehmen. Dies kann z.B. Voraussetzung sein, wenn
anschließend im Labor Untersuchungen zum Kf-Wert, zum Porenvolumen sowie zur Porengrößenverteilung und zur Trockenrohdichte
vorgesehen sind.
In der zu beprobenden Tiefe wird eine kleine Stufe angelegt. Im Sinne der statistischen Aussagekräftigkeit sollten
pro Horizont 8 bis 12 Zylinder nebeneinander vertikal in den Boden eingebracht werden. Hierzu bedient man sich entweder
eines Führungszylinders oder einer Schlaghaube. In Ausnahmefällen können die Steckzylinder auch horizontal in die Profilwand
getrieben werden.
Sind die Zylinder vollständig "versenkt" worden, d.h. ganz und gar mit dem Bodenmaterial befüllt, können sie z.B. mit einem Spachtel
vorsichtig herausprepariert werden. Überstehendes Material wird sorgfältig mit einem Messer abgeschabt, wobei es zu keinen
Verschmierungen kommen darf! In besonders durchwurzelten Proben eignet sich auch eine Schere, um überstehende Wurzeln abzuschneiden.
Anschließend werden die Zylinder mit jeweils zwei Kunststoffdeckeln fest verschlossen. Zusätzlich kann hierbei Klebeband zur
doppelten Sicherung verwendet werden.
Bevor die Zylinder vor Erschütterungen geschützt zum Transport verpackt werden, muss unbedingt die Zylindernummer (in den
Rand des Zylinders gestanzt) sowie die dazugehörigen Angaben zu Profilnummer und Horizont notiert werden!
Die Bestimmung des Carbonatgehalts erfolgt im Gelände mit Hilfe von 10%iger Salzsäure (HCl). 10%ige Salzsäure
ist NICHT ätzend! Der Kontakt mit der Haut ist nicht bedenklich. Um den Carbonatgehalt
des Profils zu bestimmen, kann etwas Salzsäure am Rand der Profilwand direkt auf das Bodensubstrat gegeben werden. Diese
Methode eignet sich am besten, wenn die Säure von oben nach unten auf die Profilwand gegeben wird. Anhand von Blasenbildung
und deutlich hörbarem Aufschäumen sind carbonathaltige Substrate gut von carbonatarmen oder -freien differenzierbar. Eine weitere
Methode besteht darin, aus jedem Horizont z.B. mit einem Spachtel eine Bodenprobe geringeren Umfangs aus der Profilwand zu lösen
und diese mit wenigen Tropfen 10%iger Salzsäure zu beträufeln. Tabelle 40 der Bodenkundlichen Kartieranleitung (KA 5) ermöglicht es,
die optischen und akustischen Reaktionen einem entsprechenden Carbonatgehalt zuzuordnen.
Die Abschätzung des Carbonatgehaltes im Gelände dient nur der ersten groben Einschätzung und ersetzt in keinem Fall
die Bestimmung im Labor! Grund hierfür sind weitere Faktoren, die das Aufbrausen verzögern oder beschleunigen können und
somit zu einem möglicherweise falschen Eindruck führen können. Zu den Faktoren gehören die "Feinbodenart, [das] Porenvolumen,
[die] Porengrößenverteilung, [der] Wassergehalt der Probe, [sowie die] Temperatur, [die] Carbonatverteilung im Boden, [die]
Art der Carbonatverbindungen und [das] HCl-Angebot" (Ad-hoc-AG Boden 2005: 168).
Der pH-Wert hat einen gravierenden Einfluss auf sämtliche Transformations- und Translokationsprozesse im Boden.
Somit sind auch das Pflanzenwachstum und die Lebensbedingungen für Bodenorganismen indirekt vom pH-Wert abhängig.
Die Bestimmung des pH-Wertes vor Ort kann mit den gängigen Instrumenten nur bedingt vorgenommen werden.
Zwar sind sog. soil pH meter auf dem Markt, doch müssen deren Ergebnisse im Labor abermals nach DIN ISO 10390, Teil 1
verifiziert werden. Die Ergebnisse nach der Feldmethode können aber zumindest Anhaltspunkte geben und erste Vermutungen
hinsichtlich der Acidität im Profilverlauf bestätigen bzw. widerlegen.
Es ist selbstverständlich darauf zu achten, dass bei in situ Messungen mit einigem Abstand zu dem Bodenmaterial
gemessen wird, welches bereits im Rahmen der Bestimmung des Carbonatgehaltes mit Salzsäure benetzt worden ist!
Die Bestimmung der Bodenart im Gelände erfolgt durch die Fingerprobe. Hierbei wird leicht
angefeuchtetes Bodenmaterial zwischen den Fingern zerrieben.
In der Bodenkundlichen Kartieranleitung von 2005 (KA 5) geben Tab. 29 und 30 ausführliche Hinweise für eine erste
Bewertung der Bodenart. Im Folgenden werden diese stark verkürzt dargestellt.
Hat man den Anteil an Sand, Schluff und Ton geschätzt, lässt sich im Korngrößendreieck in etwa die Feinbodenart
bestimmen.
Der Schluff- und Tongehalt von stark humushaltige Bodenproben (ab 4 %) werden oft überschätzt. Geübte
Bodenkundler "denken sich den Humus weg". Carbonatgehalte ab 10 % führen hingegen zum Unterschätzen des Tongehaltes,
da sie die Bindigkeit herabsetzen.
Der Sandanteil ist optisch am besten zu erfassen. Zudem sind die Sandkörner gut erfühlbar. Beim Zerreiben des
Bodenmaterials zwischen den Fingern nah am Ohr ist außerdem ein feines Knirschen zu vernehmen.
Feines Bodenmaterial, das in den Fingerrillen haften bleibt, deutet auf einen erhöhten Schluffanteil hin.
Die Feinsubstanz macht einen staubig-mehligen Eindruck.
Die Bodenarten-Hauptgruppe der Tone zeichnet sich vor
allem durch glänzende Reibflächen aus. Auch sind Proben mit wachsendem Tonanteil zunehmend ausrollbar.